winterwaldwegDer Weihnachtsgeburtstag

    Eigentlich liebte er Weihnachten nicht besonders. Wie sollte er auch, war er doch am Tage Christi Geburt ohne sein Wollen zur Welt gekommen. Nicht, dass er nicht gern auf dieser Welt erschienen wäre, das nicht, aber warum musste es unbedingt der 24. 12., der Heilige Abend, sein?

    Er könnte ja stolz sein, gemeinsam, also an ein und demselben Tag nur ein paar Jahrhunderte später, mit dem Urvater des Christentums geboren worden zu sein.
    Aber erstens glaubte er nicht daran, wenn er schon zu glauben bereit war, dass Jesus ausgerechnet am 24.12. von Maria geboren wurde. Irgendwann war ihm einmal zu Ohren gekommen, dass die frühe Kurie das Datum in die Zeit der germanischen Winterwende gelegt hatte, aus rein pragmatischen Gründen. Zweitens, und das hatte das größere Gewicht, was hatte dieses Datum für ihn Zeit seines Lebens bedeutet? Nur Verdruss.

    Dieser Tag war sein Geburtstag. Zu merken war davon allerdings nichts. An diesem und den Tagen davor hatte alle Welt nur damit zu tun, die Läden zu stürmen, sich schon ab Oktober mit sentimentalen Weihnachtsliedern in Stimmung bringen zu lassen, nie Zeit zu haben, permanent irgendetwas zu feiern, Weihnachtsfeiern mit dem Club, dem Verein, dem Chor, in dem man sang, mit den Arbeitskollegen. Letzteres musste natürlich unbedingt sein – man befindet sich schließlich im Mutterland des Weihnachtsrummels –, um dann, wenn überhaupt vernehmbar, ein paar verzerrte Takte „Leise rieselt der Schnee“ aus dem Recorder über sich hinweg rieseln zu lassen, aus einer schon etwas rachitischen Musikkiste, die in irgendeiner Ecke des Büros des Chefs stand, das zur Weihnachtsstube umfunktioniert worden war. Und das alles Ende November – ein genehmeres Datum gab der Terminplan nicht her.
    Nein, er liebte diese Art von Feiern nicht, wäre am liebsten geflohen, wenn, ja wenn es da nicht die gesellschaftlichen Zwänge gegeben hätte, denen man sich nicht entziehen konnte, in die man nun einmal hineingeboren war, manche nennen es Tradition des Kulturkreises, dem man angehörte, dem man sich unterzuordnen hatte.

    Seit frühester Jugend hatte er sich gewünscht, einmal dem Festtrubel zu entfliehen und ganz alleine, nur in seinem Sinne, seinen Geburtstag zu verleben. Er liebte nie das Feiern, den Trubel um seine Person, man kann sagen, es belastete ihn sogar.

    Er wollte dem nur ein einziges Mal entfliehen, einmal für sich sein, nur begleitet von einer ihm lieben Person, einmal zu Weihnachten davoneilen, um fern und einsam seinen Geburtstag, für den er ja nicht konnte und also auch keinen Anteil daran hatte, zu begehen. Er wusste es eigentlich nie zu sagen, nie zu schätzen, warum dieser Tag alljährlich in seinem Leben eine so große Rolle zu spielen hatte.

    Als er noch Kind war, gab es eine derartige Erfüllung des noch unklaren, heimlichen Wunsches nicht, konnte es nicht geben, es waren noch andere Geschwister da, und zu Weihnachten verreisen? Nein, das ging nicht. So wurde sein Geburtstag eigentlich immer nur halbherzig mit dem Gedanken der anderen Kinder an den Weihnachtsmann gefeiert, wenn überhaupt. Mehr als notwendiges Übel aufgefasst, und er passte eigentlich auch nicht ins Ganze, in das Fest aller Herzen und Seelen.

    „Ach, du hast ja heute am Tage des Christkindleins Geburtstag. Hier dein Geschenk, bleib schön gesund, ja?“ Und dann nichts wie weg, wieder hinein in den Trubel. Keine Zeit für ein Stück Zuwendung, ein Stück Eingehens auf ihn, der doch heute auch zur Welt gekommen war. Der andere, das war doch schon vor zweitausend Jahren. Die Weihnachtsgans muss ja auch noch in den Ofen und Tante Frieda hatte ihren Besuch angekündigt. Da sollte zumindest das Barometer noch auf „Schön“ gestellt werden und überhaupt: „Wie die Wohnung noch aussieht, der reinste Miststall, schau dir doch einmal deine feinen Geschenke an, heute Abend, wenn der Weihnachtsmann kommt, gibt es mehr. Deine Freunde laden wir, sagen wir mal, im Februar zu einer Nachfeier ein?“

    Er wollte schreien: „Und warum, Mutter, hast du mich nicht im Februar zur Welt kommen lassen?“
    Es war ihm eigentlich anfangs nur ganz im tiefsten Innern bewusst, dieses Bedürfnis, er konnte es noch nicht in seinen Gedanken formulieren oder gar artikulieren. Er wusste nur, da ist etwas, das ihn belastet, das will, dass es einmal anders wird, einmal wird, so wie er es möchte. Aber wie?

    Und dann kam der Wunsch nach der Ferne, irgendwohin zu fahren, wo es niemand gab, der ihm überfreundlich oder liebend oder eher beiläufig sein Geschenk, das obligatorische, hinstreckte – er kannte es längst, denn es war schwer, ihm etwas zu schenken, das überraschte. Es stand auf einer Wunschliste und wurde abgearbeitet. Nur manchmal gelang es einer ihn liebenden Person, seine heimlichsten Gefühle zu erraten und ihn zu überraschen, aber schließlich erwies sich das immer auch als eine Geldfrage, jedenfalls ging es ihm sein Leben lang so.

    Doch einmal in die Ferne, in ein Hotel auf einem hohen Berg, mit Blick aus einem überdimensionierten Fenster, einen Kamin im Rücken, das prasselnde Feuer und stundenlang ins Weite über die blauen Bergkuppen blicken, seinetwegen konnten sie auch verschneit sein oder es mussten gar nicht die Berge, es könnte auch das Meer oder das flache Land sein, aber der Blick müsste ungestört in die Landschaft eilen können, für zwei, drei Tage dem Alltag entfliehen und die Stimmung dieser eigentlich unwirtlichen Jahreszeit, dieser düsteren, in die er hineingeboren worden war und die immer zu seinem Geburtstag wiederkehren und voller Freude und Erwartung von all den anderen begrüßt wird. Nur für ihn war sie stets eine Zeit voller Sehnsucht nach Ferne.

    Nicht, dass er diese Jahreszeit der Ruhe in der Natur nicht liebte, sich zu ihr nicht hingezogen fühlte. Aber ihm war bisher die Vollendung seines tiefsten Wunsches, seines einzigen Geburtstagswunsches, versagt geblieben.
    Wen wundert, dass ihm immer zum Jahresende weh ums Herz wurde.

    Dann kam die Jugend, die Loslösung vom Elternhaus. Das Lernenmüssen trieb ihn in die Ferne. Immer zum Weihnachtsfest kam er nach Hause. Man freute sich das ganze Jahr über auf den in der Fremde weilenden Sohn. Er fühlte, du kannst nicht, nein, noch nicht, du musst fahren. Und in sein Innerstes schlich sich das ferne Leuchten in den Augen der beiden Alten in der Heimat.

    Schließlich kamen die jungen Ehejahre und da, mit seiner Frau, da wäre es ihm einmal beinahe gelungen. Eine Reise ins Riesengebirge war geplant, doch ein Menschenjunges wollte just um diese Zeit auf die Welt. Es kam auch, ein Mädchen, geliebt, ein vom gleichen Schicksal Betroffenes, ein um die Weihnachtszeit geborenes.

    Das Mädchen sprach nie mit ihm darüber, doch wenn er ihm in seine großen Augen sah, ahnte er seine Wünsche, seine unerfüllbare Sehnsucht. Denn da war noch ein Brüderchen gekommen und sie waren nun eine Familie und es war Weihnachten und sie taten das, was alle machten, Weihnachten feiern.
    Einmal, da war die Große schon 18 und sehr wohlgeraten, wollte er mit ihr über die Festtage nach Budapest reisen, nur mit ihr. Er schaute in die Augen der beiden anderen und ließ es. Sie feierten Weihnachten wie immer.

    grabkreuzeEin fremder Mensch machte die Planungen der beiden endgültig zunichte, einer, dem die Älteste ihr Herz zu schenken bereit war. Er nahm ihm seine Tochter. Sie ging ihr eigenes Leben. So vergingen die Jahre, aber nicht sein Wunsch, seine Sehnsucht. Und dann erfreute die Familie des Jüngsten ein Kind, ein Junge, er wurde Großvater und liebte den Kleinen über alles. Und sie feierten Weihnachten in Familie. In jedem Jahr. Wie jedes Jahr und auch ein bisschen seinen Geburtstag.
    Die Enkelschar wurde größer. Er liebte sie alle und sie die Großeltern und das Weihnachten bei den beiden Alten.

    Letztendlich verging auch das. Jetzt hatten sie Zeit, wollten sich Zeit nehmen. Jetzt, schon ganz schön betagt und klapprig, wollten sie fahren, ein bisschen ängstlich, nicht mehr mit der Unbekümmertheit der Jugend, aber sie wollten. Seine Frau hatte seinen tiefsten Wunsch schon lange gespürt, jetzt war sie bereit, Gefahren und Unwirtlichkeiten auf sich zu nehmen, ihm diesen zu erfüllen. Es war sein 65. und das halbe Dorf hatte sich zur Gratulationscour angesagt. Ihn schauderte. Die Koffer waren schon gepackt. Da erwischte es seine Frau, sie, die Starke, legte sich ins Bett. Sie konnten nicht fahren.
    Im nächsten Winter wurde er krank. Es sollte eine lange Krankheit werden.

    Ein Tag vor Weihnachten im Dezember. Ein junger Mann, so um die 20, strebt bei starkem Ost vom Bahnhof der Kirche des Ortes entgegen. Man muss zweimal hinsehen, um sie als solche zu erkennen. Es ist ein kleines schmuckloses Gotteshaus. Er lässt es rechts liegen, stemmt sich weiter dem Ostwind entgegen, geht dann einen mit Betonplatten befestigten Weg entlang, öffnet eine kleine Pforte, tritt ein. Das Gelände ist menschenleer, grau und verlassen. Niemand hat den Weg an diesem Tage hierher gefunden. Es ist Weihnachtszeit. Man hat mit den Lebenden zu tun.
    Vor einem kleinen Erdhügel bleibt er stehen, verharrt. Seine Hände ordnen ein paar Fichtenzweige.
    „Ich habe dir ein Bild vom Riesengebirge mitgebracht. Es ist ein Blick aus einem großen Fenster über schneebedeckte Berge.“

    Dann zündet er ein Lichtlein an. Es dunkelt. Er geht.


    © Hanns-Eckard Sternberg 12/2009


3

Am nächsten Morgen. Sie hatten in einer kleinen Pension übernachtet, der noch ein ganzes Stück ostalgisches Flair anhaftete. Es gab ein richtiges Landfrühstück. Die Hühner, die es mit zu verantworten hatten, gackerten noch und ließen sich von ihrem Hahn verführen. Das Paar saß in einer vollgemöhlten Veranda. In der Ecke standen die Utensilien vergangener Holzkohleorgien herum, vielleicht von den Wirtsleuten selbst oder von grillwütigen Urlaubern. So ein alter, verklebter und verfetteter Rost, dem jahrelange Staekreste anhafteten, sieht wahrlich nicht appetitlich aus. Sie wechselte mit ihm die Plätze. „Selbst gemacht“, sagte die Wirtin zu der Marmelade. „Pflaumenmus?“, fragte die Lütte.

„Erdbeerkonfitüre!“ Die Wirtin schaute etwas irritiert. Er kicherte vor sich hin. „Du lächerlicher Gnom, kannst du etwa den Mus der Pflaumen von dem anderer Früchte unterscheiden, wenn alles in kleinen Töpfchen ohne Etikett vor dir steht?“ – „Klar, kann ich.“ – „Eingebildeter Affe, aber du ernährst dich ja auch hauptsächlich von Natur. Wenn du könntest, würdest du Schneckchens, Eidechsen, Würmeleins oder gar Schlangen verspeisen und Gras zum Nachtisch.“ Sie schelmte ihn von der Seite an, schmuste ganz nah an ihn heran.

„Sag, wenn ich nicht dabei wäre, würdest du? Du würdest, stimmt’s? Sag, dass du’s täten würdest und dich nur meine vornehme Herkunft davon abhält. Den ganzen Tag über Wildkräuter und Kleintiere tät sich mein Krischan einverleiben. Is doch wohr, oder? Igittigitt.“

Sie war in Hamburg zur Welt gekommen, hatte dort, wohl behütet und finanziell sorgenlos, ihre Kindheit und Jugend verbracht. Dann war sie nach Berlin verzogen. Dort hatten sie sich kennen gelernt. „Außerdem esse ich überhaupt keine Konfitüre, man weiß ja nicht, was da drin ist, die musen doch die ganze Würmchenkolonne bei ihrer industriellen Verarbeitung mit ein. Da ist doch kein Minsch, der die kleinen Tierchen aus die Früchtchens klaubt. Glaubst du das etwa?“ Er schmunzelte.

„Hier kannst du, sie essen ihre Marmelade selbst.“ – „Dat will gor nix besagen. Vielleicht sind es solche wie du, denen so ein klein wenig Fleischbeilage reinweg nix utmokt.“ – „Du könntest bei einem Anflug von Nostalgie ja mal großmütig testen, von was fürn Zeug sich dein Klein Krischan früher ernähren musste. Das gab es bei uns zu Hause morgens zu trocken Brot, mittags zu Kartoffeln und abends als Rohkostersatz.“

Sie wurde ernst. „War es wirklich so schlimm?“ Er lachte: „Natürlich nicht, aber es hat den Anschein, als würden das auch heute noch, so viele Jahre nach der Gründung der neuen Bundesländer, weniger kritische Einwohner der alten Republik noch glauben.“

Sie probierte und aß doch. Man konnte ihrem Gesicht nicht entlocken, ob es nun aus Lust und Appetit oder als Zugeständnis oder aus Solidarität zu den Menschen hier geschah. Er griente. „Lach du nur! Warte nur, meine Zeit kommt noch.“ Es mundete ihr schließlich vortrefflich, sie aß mit großem Appetit zwei der sattgelben Eier, probierte alle Marmeladen und den Honig, auf den die Herbergsleute ganz besonders stolz waren. Waren sie doch Imker und ihre Bienenwagen standen in den Wäldern der Schorfheide, dort, wo, wie sie meinten und betonten, die Natur noch in bester Ordnung war und Pestizide ein Fremdwort. „Christian, stimmt das?“ Er zuckte mit den Schultern. „Muss wohl so sein. Letztens hat man riesige Waldflächen von der Nonne kahl fressen lassen, ohne auch nur mit einer Spur von Giftstoffen einzugreifen.“

Eine Katze streichelte um ihre Beine. Der Hofhund kam und nahm beide mit einem Abschlecken ihrer Hände in die Tierfamilie des Gehöftes auf. Ein sehr zutrauliches Huhn marschierte über den Tisch. Es musste dieses schon des Öfteren gemacht haben. „Willst du weg!“, schimpfte die Alte aus dem immer etwas offen stehenden Küchenfenster.

„Junge, so ganz hygienisch pflegt das hier aber nicht unbedingt zuzugehen. Und in so was habt ihr früher Ferien und Urlaub gemacht? So so. Du, ich glaube, keine zwei Stunden hätten meine Eltern ...“ Sie schwieg. Sie wollte ihn nicht verletzen. Unter solch neckischen Gesprächen verging das Frühstück. Nur ein Außenstehender hätte vielleicht einen frustigen Unterton herausgehört, der da mit anklang. Aber Verliebte?

In ihrem Zimmer. Sie schaute auf das windschiefe Waschbecken, das mit einem verwaschenen Gilb ummalt war. Die Tropfen und Reste bei der kleinen und größeren Bodywäsche – für die ganz große gab es eine zentrale Dusche, die Vermieter und Gäste gemeinsam benutzten – hatten eine kalkigweiße Landschaft auf das umgebende Paneel gezaubert. Man konnte auch die Reste verschiedenster Superzahncremes ausmachen, die farbige Akzente gesetzt hatten, oder aber mit einem selektiven Blick über all das hinwegsehen. Sauber war es, sauber im Bereich des Machbaren, aber das windschiefe Wasserbecken lenkte zwangsläufig immer wieder den Blick auf die gilbe Fläche drumherum. Die Frau kam mit ihrem Mann. Sie ordnete ein wenig an den Handtüchern herum.

„Alles selbst gemacht, die Mauern, die Fenster eingesetzt, sogar die Klempnerarbeiten“, sagte stolz der Hausherr. Man sah es. Am schiefen Waschbecken. „Musste man ja. Es gab ja niemand, der einem das machte, wenn man keine Beziehungen hatte. Wir waren damals alle Handwerker für alle Gewerke.“ Man sah es am Waschbecken. Man sah es eigentlich überall. Die Frau begann ein Gespräch. Sie konnte nicht verstehen, dass die Gäste, die sich zu glorreichen DDR-Zeiten hier gedrängelt hatten, ausblieben.

Sie waren noch nie in Bayern oder anderen Ferienregionen der alten Bundesländer. Sie wussten nicht, wie heutzutage eine Freizeitwohnung aussieht. Für sie war die Zeit stehen geblieben. „Wir hatten immer Gäste. Sie wurden uns zugeteilt und kamen besonders aus dem Süden, aus Sachsen.“ – „Waren auch ein paar Thüringer dabei?“ – „Das kann schon sein, Sie wissen sicher nicht, wie wir das hier spöttisch gesehen haben? Südlich Königs Wusterhausen waren es Sachsen, nördlich Oranienburg die Fischköppe und zwischendrin die Hauptstadt der DDR, Sonderwirtschaftszone sozusagen. Wir haben auch davon profitiert. Und wo wollen Sie heute mit ihren Fahrrädern hin?“ „Durch die Heide nach Carinhall.“ Die Wirtsleute schauten sich beide mit einem beinahe verschwörerischen Blick an.

© Hanns-Eckard Sternberg 04.2009

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"Bin ich dir noch etwas schuldig?"

Überraschung von anon. , 19.01.2009

ich finde ihr Buch liebenswert und wichtig und kann ihnen nur wünschen, einen großen Leserkreis zu finden. Auch ihre natürliche und sinnliche Seite macht mich froh, ihr Empfinden für die Schönheit der Natur, die Schönheit des Weibes, die Wechselwirkung von Ratio und Sinnlichkeit.


 

Lesen!!! von Cornelia Bera , 15.05.2008

Christian und Caroline machen sich von Berlin aus auf die Reise. Ziel: die mecklenburgische Heimat des Mannes. Richtung Müritz erkundet das Liebespaar per Fahrrad Orte und deren Geschichten. Sehr poetisch und genau schildert der Autor Landschaft, Leute und Wetterkapriolen. Hanns-Eckard Sternberg ist gebürtiger Mecklenburger und so findet das Plattdeutsch den entsprechenden Platz in der Geschichte. Gefühlvolle Liebesszenen sorgen für mehr als eine Prise Erotik. Überraschende Begebenheiten und Begegnungen machen das Lesen spannend. Im Mittelpunkt des Buches stehen Christians Lebenserfahrungen in der DDR und den Jahren nach 1989. Caroline, jünger als er, stammt aus dem Westen Deutschlands. Da bleibt es während der Reise nicht aus, dass unterschiedliche Ansichten aufeinanderprallen. Sind es nur Missverständnisse? Ist es die angeblich unüberbrückbare "Mauer in den Köpfen"? Ich teile nicht alle Ansichten von Christian. Doch es ist eine fiktive Geschichte, gewoben aus einer Vielzahl von Biografien. Gerade das macht Sternbergs Buch so lesenswert. Seine Frühsommergeschichte zwingt mich selbst zum Nachdenken: Wie gehst du mit deinen Erinnerungen an das Leben in der DDR um? Wie hast du dich nach 1989 dem anderen Leben angepasst? Hanns-Eckard Sternberg schrieb ein sehr persönliches, ehrliches Buch, das zugleich unterhaltsam ist. Die Geschichten um Christian und Caroline verbinden Tragik und Humor gleichermaßen, so wie das Leben eben ist. © Cornelia Bera 2008.


 

Das Buch der Überraschungen! von S.Köppen , 05.01.2009

Zuerst habe ich dieses Buch gelesen, danach musste ich es unbedingt besitzen!

 

Lesenswert! von MK , 18.10.2008

Der Protagonist des Romans ist nicht mehr ganz jung zur Zeit der Wende. Der Übergang ging an ihm wie an vielen anderen nicht spurlos vorbei ¿ beruflicher Erfolg stellt sich trotz Bemühungen auf verschiedenen Ebenen nicht ein. Auch damit muss er lernen umzugehen. In dieser Situation trifft er Caroline aus Hamburg, jung lebenslustig und hübsch. Mit dieser jungen Frau erhofft er sich eine Perspektive. Beide beginnen eine Radtour durch ostdeutsche Lande und erleben eine Reise durch frühsommerlich erblühende Landschaften. Es ist zu spüren, dass Sternberg, Land und Leute liebt, beschreibt er doch kenntnisreich die Landschaft von Barnim , Uckermark und Teilen Mecklenburgs. Selbst ¿Alteingesessene¿ werden immer wieder überrascht sein, in welch entlegenen Winkeln dieser Landschaften er Verborgenes und Interessantes findet und kenntnisreich beschreibt. Die Gegend ist ja auch geschichtsträchtig: schon der Kaiser beliebte in der Schorfheide zu jagen. Die Liebe zu Land und Menschen dieser Landstriche zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch, eingebettet in eine deutsch-deutsche Liebesgeschichte, die aus der jeweiligen Perspektive Ereignisse beleuchtet, interpretiert und manchmal sogar auf gemeinsame Nenner führt.


 

Ist es wirklich Liebe? von Ino Weber , 30.07.2008

Eine starke Prise Sozial- und Kulturkritik, tiefe Gefühle, Sehnsucht. Und die große Frage nach dem Lebenssinn scheint immer hindurch. Was prägt uns, wer sind wir, welche Prioritäten sollen wir setzen? Menschliches und Allzumenschliches beim Aufeinanderprall sehr verschiedener Charaktere, noch dazu das leidige Problem unterschiedlicher Denkweisen von Mann und Frau werden vom Autor sehr fein und mit viel Gespür beobachtet. Man scheint sich zu verstehen, ja zu mögen, und redet doch meist völlig aneinander vorbei. Eine etwas schräge Liebesgeschichte mit vielschichtigen Hintergründen, mit viel Witz und einem Schuss Ironie durchaus spannend und sehr plastisch erzählt. Die ewige Frage türmt sich am Ende auf: Ist es Liebe und was wird aus ihr? Ein sehr gut lesbarer Erstlingsroman!


 

Unbedingt lesen! von M. L. Utting , 05.01.2009

Christian und Caroline, er aus dem "Osten", sie aus dem "Westen", unternehmen eine Radtour durch die mecklenburgische Natur. Es entwickelt sich eine besondere Art von Zuneigung, die man für Liebe halten könnte. Für mindestens einen von beiden ist es auch Liebe. Während die Reise voran schreitet, entwickelt sich das Verhältnis der beiden Liebenden weiter. Und diese Liebe scheint außerdem in einer geheimnisvollen Wechselbeziehung zum Naturerlebnis zu stehen. Sehr feinfühlig und auch spannend geschrieben. Wer erst mal angefangen hat, muss das Buch so schnell wie möglich zu Ende lesen, wie es bei einem guten Roman sein soll.
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"Bin ich dir noch etwas schuldig?"

"Das Scheitern der anderen" Nordkurier / 20. März 2009 als PDF öffnen
"Worte mit Musik" Eberswalder Blitz / 31.01.-01.02.2009 als PDF öffnen
"Lesung mit Hanns-Eckard Sternberg" Märkischer Sonntag / 18. 01.2009 als PDF öffnen
"Rezension" Rotary-Magazin / September 2008 als PDF öffnen

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